Mexiko
Auf Schienen durch die Bergwelt
Mexikaner, Indianer und Mennoniten - sie alle leben im "Reich des Chepe"
Text und Fotos: Heidrun Lange
Fast 100 Jahre bauten mexikanische Pioniere an der Bahnlinie, mehr als 900 Millionen US-Dollar und mehrere
hundert Menschenleben soll die 650 Kilometer lange, eingleisige Strecke gekostet haben. 1961 wurde sie eingeweiht. Seitdem helfen 86 Tunnel und 39 Brücken dem "Chepe" über den Berg. 15 Stunden ist er
zwischen dem Pazifik und Chihuahua unterwegs. Möchte man mit Indianern, Mexikanern oder Mennoniten in Kontakt kommen, sollte man sich für die Reise ein paar Tage Zeit lassen.
Angetrieben von zwei dröhnenden Dieselloks klettert der "Chepe", so der Kosename des Bergsteigers auf Schienen, von Los Mochis gut 2500 Meter hoch. Zunächst quält er sich mit Tempo 30 bis 40 durch
ein weitläufiges Agrarland, das zunehmend karger wird. Nach etwa drei Stunden hält der Zug im verschlafenen Kolonialstädtchen "El Fuerte".
Am Bahnsteig steht Peréz. Scheu blickt der Cowboy um sich. Dabei müsste er Gäste aus aller Welt längst gewöhnt sein. Der 35-jährige soll uns durch die Berge führen und die Wasserfälle des
Kupfer-Canyons im Nordwesten Mexikos zeigen. Drei Stunden dauert der Aufstieg. Wir halten vor einem schroffen Granitfelsen. Aber Wasser rauscht nicht ins Tal herunter. Es ist zu trocken. Perèz lässt
rötliche Felssplitter durch die Hand rieseln und schmunzelt. Jeden Tag lockt der kleine drahtige Mann seine Gäste hierher, auch wenn er nicht mit einem tosenden Wasserfall dienen kann. Später bringt
er die Koffer der Gäste auf die Zimmer des Hotels Misión de Cerocahui, einer ehemaligen Indianermission. Am nächsten Morgen verspricht Peréz, dass der aufregendste Teil der Zugfahrt folgt.
Der Zug rattert im Schrittempo über eine 600 Meter langen Stahlbrücke hinweg und windet sich schließlich in langen Kurven in die Höhe. Manche Serpentinen lassen Blicke auf die zurückliegende
Gleisstrecke zu. Rote Granitfelsen steigen senkrecht in die Höhe. An anderer Stelle fallen sie ebenso spektakulär in die Tiefe. Auch die Vegetation zeigt die zunehmende Höhe an: Kakteen und andere
Wüstengewächse werden von Laubbäumen abgelöst.
Auf gut 2000 Meter Höhe angelangt, hält der Zug an mehreren Orten und trifft an einem der Ausweichpunkte den Gegenzug.
Auf den Bahnsteigen warten farbenfroh gekleidete Indio-Frauen. Sie gehören zum Stamm der Tarahumara-Indianer, die in der unwirtlichen Bergwelt wohnen. Etwa 50 000 Tarahumara leben in dem entlegenen
Winkel Mexikos. Den Winter verbringen sie in den subtropischen Tälern, im Frühjahr wechseln sie ins Bergland, leben nahe einer Trinkwasserquelle in Hütten oder Felshöhlen. Die Frauen beherrschen alte
Handwerkstechniken, vor allem das Flechten von feinstrukturierten Körben.
Auf 2245 Meter folgt der Höhepunkt der Reise, die Station Divisadero. Wer fühlen möchte, wie es sich am Abgrund lebt, steigt im Hotel "Divisadero Barrancas" ab. Direkt hinter den großen
Glasscheiben der Gebäude geht es fast 2000 Meter steil bergab.
Nachdem der Zug bei Divisadero den höchsten Punkt der Strecke überwunden hat, erreicht er nach knapp zwei Stunden das Agrarstädtchen Creel. Wie die Kulisse eines Westerns wirkt die staubige
Kleinstadt, nur daß die Cowboys und Indianer hier echt sind.
Hinter Creel wird die Berglandschaft zunehmend sanfter. Die Fahrt geht mehrere Stunden durch die Hochebene von Chihuahua. Plötzlich tauchen weitläufige Obstplantagen auf. Hier ist das Land der deutschstämmigen Mennoniten, eine christliche Gemeinde, die nach strengen Glaubensregeln lebt. Sie siedelte sich 1920 hier an. Es heißt, das fleißige Bauernvölkchen produziere den besten Käse Mexikos. Am Abend erreicht der Zug Chihuahua. Die 700 000-Einwohner-Stadt hat schöne Kolonialbauten wie die Kathedrale aus dem 18. Jahrhundert, den Regierungspalast, das Rathaus und das "Museo Historico de la Revolucion".
Auskunft:
Mexikanisches Fremdenverkehrsbüro,
Taunusanlage 21, 60325 Frankfurt,
Telefon: 069/ 25 35 09,
Internet: www.mexiko-reisetipps.de
Anreise von Mexiko City:
Los Mochis (Ausgangsbahnhof) und Chihuahua (Endstation) werden ab Mexiko City von der mexikanischen Staatslinie Aero Mexico angeflogen, ab 180 Euro.
Wer auf eigene Faust mit dem Zug reist, sollte eine Stunde vor Abfahrt die Karte kaufen. Kosten für die einfache Fahrt: rund 100 Euro.
Einreise:
Reisepaß, der noch mindestens sechs Monate gültig ist. Auf dem Flug werden Touristenkarten verteilt, die an den Einreiseschaltern des Flughafens abzustempeln sind.
Reisezeit:
Da es im Hochland nicht so heiß wird wie im südlichen Mexiko, kann die Zugfahrt ganzjährig empfohlen werden. Während der Regenzeit im Sommer ist die Landschaft besonders eindrucksvoll, da
Wasserfälle, Flüsse und Bäche dann (mehr) Wasser führen.
Sicherheit:
Im Zug fahren zahlreiche Schaffner und Polizisten mit. Reisende und Gepäck sind sicher untergebracht. In den Orten gelten die üblichen Sicherheitsmaßnahmen: Schmuck und Wertsachen sollten nicht im
Hotel gelassen werden.
Auskunft zu "Chepe":
Der Zug "Chepe" hat eine eigene Website mit spanisch- und englischsprachigen Informationen : www.chepe.com.mx