Ukraine

Schwarzes Meer und der Strom der Kosaken

Für Entdeckungsreisen in die Ukraine empfiehlt sich eine Kreuzfahrt mit der „Viking Lomonosov" von Odessa über die Krim bis Kiew – alles ohne Kofferpacken und Hotelwechsel, Erholung und Genuss an Bord obendrein.

Text und Fotos: Katharina Büttel

 

 

Die Einstimmung auf das Außergewöhnliche beginnt in Odessa, der wichtigsten Hafenstadt der Ukraine. Fast am Fuße der legendären Freitreppe – Eisensteins „Panzerkreuzer Potjomkin von 1925" - liegt im Wasser des Schwarzen Meeres die „Lomonosov", Weiß mit blauen Streifen. In zwölf Tagen erlebt der See- und Flusskreuzfahrer ein Wassernetz von Stauseen, Kanälen und Schleusen, hin zu prachtvollen Städten und mondänen Kurorten, vorbei an endlos einsamen Uferwäldern, fast lautlos durch die ländliche Provinz.

         Am liebsten möchte man sofort die 192 Stufen, die weite lange Treppe hinauflaufen zum Primorski Boulevard, der Prunkmeile Odessas. Von einem Granitsockel herab grüßt dort mit ausgestreckter Hand der ehemalige Statthalter Richelieu. Aber: „Erst die Kabinen beziehen. Morgen lege ich Euch Odessa zu Füßen!", verspricht Reiseleiterin Svetlana, die stets gut gelaunte, die mit ihrem Humor offenbar gut durch die politischen Veränderungen und Irritationen gekommen ist.

„Odessa war über die Zeit eine Stadt der Wissenschaften und Kultur, geradezu ein Eldorado für Schriftsteller", erzählt Sveta. Puschkin, Gogol, Gorki arbeiteten hier; Leo Tolstoi schrieb „Krieg und Frieden". David Oistrach musizierte am Konservatorium; Musiker, Sänger und Dirigenten von Weltrang fühlen sich geehrt, wenn sie hier arbeiten dürfen. Die Stadt steckt voller Geschichten. Manche erlebt man selbst, andere verbergen sich in und hinter den Mauern – gut, dass es Sveta gibt. Durch die von Akazien gesäumte Puschkinstraße hat sie geführt, in die Galerie „Passash" mit ihrem Dekor von opulenten Skulpturen, schließlich vor die Oper. Das innen und außen prächtig restaurierte Haus nahe dem weißen Rathaus mit den hohen Säulen verführt geradezu zu einem Besuch am Abend.

Sveta drängt – es gibt noch so viel zu zeigen. Den großen Markt zum Beispiel. Der wuchert und frisst sich durchs Stadtviertel hinter dem Jugendstilbahnhof. „Markt ist für Einheimische Schlaraffenland. Der junge Geldadel findet und kriegt hier alles. Die eleganten Boutiquen allerdings – ukrainisches monatliches Durchschnittseinkommen von 600 Euro! - locken in erster Linie westliche Touristen und Neureiche aus Moskau an", sagt Sveta und warnt uns: „Kaviar nicht von Straßenhändlern kaufen. Aufmachen, gucken: was ist drin – Schuhcreme"!!

 

Lebensfreude in Parks und auf Märkten

Das Grün der Parks, gefüllt mit Menschen, die voller Lebensfreude zu Musikkapellen tanzen und singen, die sonnengesprenkelten Tunnel der großzügig angelegten Kastanien- und Lindenalleen, die vielen Plätze, all die zerfallenen oder schon restaurierten klassizistischen Fassaden in Cremegelb und Altrosa verleihen der Stadt etwas Leichtes, Flirrendes, Gelassenes, Mediterranes. Selbst als der Himmel kurz einbricht über Odessa, schwindet der Zauber nicht. Und Sveta will weiter: Die Kathedrale, vom Boden bis zur Decke aus weißem Marmor, muss sie noch zeigen. Und die 5-stöckigen Wohnhäuser aus der Chruschtschow-Zeit, ohne Fahrstuhl: „Seht, deswegen sehe ich nicht so schlecht aus...". Sie lacht und schlängelt die Gruppe an Hochzeitspaaren, Straßenbahnen und Trolleys vorbei zum Standbild der Zarin Katharina II., die 1792 einen neuen Hafen bauen ließ und die Stadt gründete und so den Handel mit den Mittelmeerländern in Schwung brachte.

Alle Wege führen nach Rom, in Odessa führen alle Platanen zum Hafen. Zwei Tage Sightseeing mussten reichen, die „Lomonosov" schiebt sanft und leise vom Kai ins Abendlicht und zieht einen wagemutigen Bogen ins Schwarze Meer - gut, dass das Schiff den SOLAS-Richtlinien für Hochseeschiffe entspricht. Während die Hafenlichter kleiner werden und zurückbleiben, genießen hinter den Panoramafenstern die Passagiere ihr erstes Dinner an Bord. Köstliches aus aller Welt kreiert Chefkoch Matthias aus Weimar, ukrainische Spezialitäten wie das „Chicken Kiew" oder roten und grünen Borschtsch, zaubert Lena aus Kiew. Das 1979 an der Elbe gebaute Vier-Sterne-Hotelschiff – nächstes Jahr wird es durch Totalumbau auf 5-Sterne-Niveau gebracht – lässt hier und dort noch DDR-Charme spüren, bietet aber durchweg Annehmlichkeiten, Komfort und Kabinenambiente deutlich über Landesstandard. Alle Deluxe- und Standardkabinen liegen außen, sind bis zu 19 Quadratmeter groß und haben Fenster zum Öffnen.

         Erster Landgang auf der Halbinsel Krim in Sewastopol: eine „Heldenstadt", am Denkmal für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs marschieren Schüler und Schülerinnen im Stechschritt. Die Deutschen legten die Stadt in Schutt und Asche, Stalin ließ sie nach Kriegsende großzügig wieder aufbauen: in durchaus vorzeigbarem russischen Klassizismus, mit vielen weißen Säulen und Bögen und Grün dazwischen. Kaum einer aus dem Westen weiß, dass Sewastopol bis 1992 eine „verbotene" Stadt war, zu betreten und zu verlassen nur mit Genehmigung. In der Bucht Balaklava liegen im Militärhafen neben Privatyachten noch bis 2017 Kriegsschiffe der einst stolzen russischen Schwarzmeerflotte. Unter dem ausgehöhlten, von Kanälen durchbohrten Berg wurden in hochgeheimen Docks die U-Boote gewartet und in riesigen grauen Felshallen atomare Sprengköpfe montiert.

Zweitausend Denkmäler weist Sewastopol auf; zahlreiche Friedhöfe mit Toten aus aller Herren Länder erinnern an den Krimkrieg 1853 bis 1856. Die Schlachten werden lebendig auf fast 150 Meter Leinwand im sehenswerten Panoramamuseum.

 

Wo Tschechow, Tolstoi und Tschaikowski lebten

Jalta – heute der ‚Spielplatz' der reichen „Neuen Ukrainer" – lebt in mediterranem Klima und Blütenpracht, Villen und Adelspaläste ziehen sich an den Hängen hin, die palmenbestandene Promenade bietet Kitsch und noble Boutiquen, es gibt die Sanatorien für verdiente Arbeiter und den Weißen Palast von Livadija: im Sommerpalast der Zaren zeigt man den Runden Tisch, an dem Stalin, Churchill und Roosevelt die Nachkriegswelt neu ordneten.

Die „fast" echten Kosaken auf der sagenumwobenen Insel Choritsa am Unterlauf des Dnjepr bemühen sich mit waghalsigen Reitkünsten, Lanzen und scharfen Klingen ihrem Mythos von Freiheit, Abenteuer und Abstinenz von Frauen gerecht zu werden. Als sie Ende des 17. Jahrhunderts hier ihr erstes Kosakenlager gründeten, waren Frauen in ihren Dörfern verboten; selbst Zarin Katharina durfte die Insel nicht betreten. Man vergnügte sich mit Bier und Wodka – noch heute „Volksmedizin".

Einen ganzen Tag an Bord der „Lomonosov". Gemächlich fließt das Wasser, der Himmel ist durchwachsen, die Sonne brennt, der Wind kühlt. Im Liegestuhl auf dem Sonnendeck in den Horizont meditieren, Krimsekt im Glas, Gespräche mit netten Leuten. Herrlich. Das Schiff bietet den Luxus und die Bequemlichkeit eines ganz großen, ist aber klein, fein und familiär und die Crew aus der Ukraine lässt keinen Wunsch unerfüllt.

Vor uns liegt ein eher stilles Land, das mit Natur nur so protzen kann. Der Djnepr, an manchen Stellen an die 40 Kilometer breit, teilt die Ukraine in zwei Hälften: das rechtsufrige Land gehörte bis ins 18. Jahrhundert zu Polen-Litauen, auf der anderen Seite genossen die Kosaken ein Jahrhundert lang Autonomie innerhalb Russlands.

Die Hauptstadt Kiew grüßt schon von weitem mit der Silberstatue „Mutter Heimat" aus dichtem Grün, die goldenen Kuppeln der Kiewer „Hagia Sofia", der Sophienkathedrale, überragen die prachtvolle Stadt. In Erinnerung bleiben wird sie als pulsierende, großzügig angelegte, grüne Metropole, die der Dnjepr in Nord-Süd-Fließrichtung ebenfalls teilt. Auf der linken Uferseite schraubt sich „Klein-Manhattan" in den Himmel, im rechten Teil pulsiert die Altstadt Podil mit Künstlercafés, Literatenkneipen und hippen Lädchen. In der Oberstadt, auf Hügeln und an Hängen, wird jeder Besucher überwältigt von den pastellfarbenen, goldglänzenden Kirchen- und Klosterkomplexen, den reich dekorierten Häusern im klassizistischen Gewand mit schmiedeeisernen Portalen und Arkaden, dem 16 Kilometer langen Prospekt des Sieges, der von Häusern im russischen Zuckerbäckerstil gesäumt ist. Nicht zu vergessen jene endlosbeinigen, hüftrollenden Wesen, die mit ihren Highheels selbstbewusst über das Pflaster stöckeln, und jedermann blickt betont unauffällig ihren Begleitern hinterher: es gibt sie auch hier, die Neuen...!



Service: Flusskreuzfahrt Ukraine

Einreise: Mindestens 6-Monate gültiger Reisepass. Ein Visum ist derzeit nicht erforderlich.

Anreise: z.B. mit Austrian Airlines ab Berlin über Wien nach Odessa, Rückflug ab Kiew über Wien nach Berlin ca. 500 Euro. www.austrian.com

Reisezeit: Von Mai bis Ende September; im Sommer im Süden bis zu 39 C°

Währung: In der Ukraine wird mit Griwna bezahlt (1 € = ca. 10 Griwna); viele Hotels, Restaurants, Boutiquen akzeptieren Kreditkarten; Bargeld an Geldautomaten.

Ausflüge: Katakomben von Odessa; Odessa Festung Akkermann; altgriechische Stadt Chersonese Südkrim; Chor der Schwarzmeerflotte; Balaklava-Bucht mit Panorama-Museum; Jalta: Botanischer Garten, Tschechow-Haus, Massandra Weinkellerei; Alupka-Palast des Grafen Woronzow; Freilichtmuseum Pirogovo in Kiew.

Veranstalter: Viking Flusskreuzfahrten bietet die 12 Tage Odessa-Jalta-Kiew bis Abfahrt 12.9.12 ab 1099 Euro/Person/VP in der Doppel-Außenkabine an; zzgl. Flug und Ausflüge. Bei Abfahrt 8.7. oder 21.8.12 sind vorab 4 Tage Istanbul buchbar. Für Fahrten in 2013 mit 20 % Frühbucherrabatt bis 31.10.12. Viking fährt auch in Russland, China, Portugal, Frankreich, Deutschland, Mittel- und Osteuropa.

Telefon: 0800/18 87 100 01

email: info@VikingFlusskreuzfahrten.de

Intenet: www.VikingFlusskreuzfahrten.de

 

Auskunft: Botschaft in Berlin-Mitte, Telefon: 030/28887220, Fax: -/28887219;

email: konsulat@ukrainische-botschaft.de

 

Literatur: 

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