Slowenien
Im Land des Cvicek
Ein Herbstausflug durch den Südosten Sloweniens
Text und Fotos: Heidrun Lange
Große alte majestätische Bäume säumen die Straße. Lichtungen geben den Blick auf ein wild geformtes Land frei. Dann erscheint ein Labyrinth aus unzähligen Bergkämmen und Tälern. Die Wege streifen nur ab und zu kleine, abgeschiedene Dörfer, in denen die Zeit vor vielen Jahren stehen geblieben scheint. An den Hängen schmiegen sich blumengeschmückte Bauernhäuser und weiße Kirchen. Die Bauern mähen mit der Sense und hängen das Heu zum Trocknen auf große Gestelle, die so genannten Heuharfen. Gelegentlich zweigen von der Hauptstraße kleine Wege ab, die irgendwo in den Bergen enden.
In Novo Mesto ins Café
Einer davon führt vorbei an einer Biegung des Flusses Krka nach Novo Mesto. Mit knapp 50 000 Einwohnern ist sie die größte Stadt weit und breit. Die Stadtführerin Boza Robnik führt die Gäste an der Stadtmauer vorbei über den Marktplatz mit Rathaus und Brunnen zur Kapitelkirche. Designerläden sucht man hier vergebens. Unter den Arkaden laden kleine Cafés zur Verschnaufpause ein. Die Einheimischen sind froh, dass der Betrieb Revoz als Fertiger des Renault Clio und das Pharma-Unternehmen Krka ihnen Arbeit bietet. Andere leben von Holz- und Landwirtschaft, Weinbau und Gastronomie. Mehr schlecht als recht, aber nicht ohne Stolz. Als Urlaubsziel wird dieser Landstrich gerade erst entdeckt. Die Natur ist nah, der Urlaub noch erschwinglich. Weinberge, Hügel und weite Täler locken Wanderer und Radfahrer in die Heimat des Cvicek, auf den die Weinbauer so stolz sind. Eine Weinspezialität der Dolenjska- Region, die hierzulande nahezu unbekannt ist.
Landwein vom eigenen Weinberg
Auf dem Bauernhof von Andrej Susteric in Koglo, seit Generationen im Familienbesitz, kann man den Landwein vom eigenen Weinberg kosten. Der 49-jährige und seine Frau reichen den Besuchern selbst gebackene Pogaca. Kross und noch warm ist das in Würfel gekerbte Brot. Jeder bricht ein Stück ab. Die würzige Wurst, die in Scheiben dazu gereicht wird, ist natürlich hausgemacht. Fleisch von den eigenen Schweinen. Nach der Mahlzeit kommen Buchweizenrollen auf den Tisch, gefüllt mit säuerlichem, krümeligem Topfen. Und immer wieder servieren sie den Cvicek. „Und schmeckt er?", will der Hausherr wissen. „Er ist leicht, trocken und etwas säuerlich", gibt ein Gast unumwunden zu. Andrej wundert es nicht. Schließlich sorgen die eigenen Scherze für Gesprächsstoff. So heißt es: „Warum dreht sich der Krainer nachts im Schlaf so oft um? Weil er verhindern will, dass die Säure seinen Magen zerfrisst." Doch der Cvicek ist wie die Menschen, die ihn erzeugen: einfach und ehrlich, gutmütig und mit offenen Gedanken und ohne Vorurteile. Eben ein Landwein. Mit seinem geringen Alkoholgehalt von weniger als zehn Volumprozent gehört er zu jedem Essen, jeder Winzer keltert ihn auf seine Art. Die Slowenen wissen die heimatlichen Reize zu schätzen. Mehr und mehr gilt die Unter- und Weißkrain als Geheimtipp. Anders als die slowenische Adriaküste und die Berge im Norden hat der Tourismus diesen Landstrich kaum erschlossen. Es ist das unbekannte Slowenien, so wie der Cvicek. Wer das Ursprüngliche sucht, findet es in den Wirtshäusern und auf Bauernhöfen, in den handgemachten Produkten, dem dörflichen Leben und den kleinen Keltereien. Was in den Gaststuben auf den Tisch kommt, ist unverfälscht geblieben vom Geschmack wählerischer Touristen. Domace - hausgemacht: So mögen es die Einheimischen. Aus den Städten, selbst aus Ljubljana, kommen sie, um sich an "Großmutters Speisen" satt zu essen. Die Hauptstadt ist nur zwei Autostunden entfernt. Wein ist ein wichtiges Thema in der ländlichen Region. Auch wenn die Qualität diskussionswürdig ist, machen die Keller, in denen er produziert wird, schon was her. Mancherorts gibt es Winzer, die sich darauf spezialisiert haben. So im Weingut Graben im Ort Bizelsko. An den Hängen reifen vierzehn verschiedene weiße und rote Sorten Weintrauben. Der Keller, in dem die Weine in Holzfässern reifen, wurde vom Besitzer in den Sandboden gegraben. Die Mischung lokaler Rebsorten wie Kölner Blauer, Blaufränkischer und Welschriesling macht den Cvicek so einmalig.
Bei den Mönchen gibt es Birnenschnaps
Im Kartäuserkloster an den Hängen der Gorjanci-Berge, 18 km östlich von Novo Mesto, gedeihen die Obstbäume und Weinreben des Kartäuserklosters Pleterje. Dort haben die Mönche die Gegenmittel parat: Birnenschnaps, Slivovka und Tees aus Kräutern der Region. Und natürlich bauen die Glaubensbrüder seit mehr als 100 Jahren auch Wein an, wie es hier allerorten geschieht. Unter Leitung eines deutschen Abtes leben die 15 Mönche immer noch komplett isoliert in ihren Zellen. Kein Besucher kommt weiter als bis zum Verkaufsladen am Eingang. Die gotische Kapelle kann man besichtigen, in der das Leben hinter den dichten Mauern auf einem Video gezeigt wird. Wer das Zisterzienser-Kloster der Abtei Sticna besucht, ist gleich gefangen genommen von der Ruhe und Schönheit der großen Anlage in strahlendem Weiß. Zwölf Mönche und ein paar Novizen leben hier. Gäste sind immer willkommen. Regelmäßig finden sich Gruppen aus aller Welt zu Seminaren zusammen, und kehren als neue Menschen in die Heimat zurück. Ein wildes Stück Erde und ein friedliches, so will es scheinen. Das war nicht immer so. Partisanen verbreiteten in den 1940er-Jahren Angst und Schrecken. Während der Türkeneinfälle des 15. und 16. Jahrhunderts sind trutzige Burgen und Schlösser entstanden. Nicht weit entfernt von Novo Mesto steht die einzige Wasserburg Sloweniens. Ein Maler könnte sich keine schönere Kulisse wünschen. Auf einem Fluß schwimmt eine Insel mit einer Burg, an der Schwäne vorbei gleiten.
In warmen Quellen entspannen
Wo sich das Krka Tal erweitert, befindet sich der älteste Thermalkurort Dolenjske Toplice mit einem modernen Wellness Centrum. Schon seit 1658 baden Gäste hier in heißen Quellen, unter dem Namen Strascha Töplitz stieg der Ort zu Zeiten der österreich-ungarischen Monarchie zum Heilbad auf. Heute liegt im Zentrum des Ortes, mitten im Kurpark und in unmittelbarer Nähe der Kurhotels "Vital" und "Kristal", das "Balnea Wellness-Center". Eine Hülle aus Nadelholzleisten um das gläserne Gebäude wirkt wie ein Tarnanzug. Modernste Architektur mitten im fast dörflichen Idyll. Neben dem Parkplatz der Hotels steht eine der typischen offenen Holzscheunen, an denen Maiskolben zum Trocknen hängen. Und im Wellness-Center heizen sich durchtrainierte Hauptstädter aus dem 70 Kilometer entfernten Ljubljana im japanischen Schwitzbecken oder im Kräuterdampfbad den Tagesstress aus dem Leib. Janko hilft mit Steinen nach. Sehr heiß sind die, schwarz und glatt, andere sind aus schneeweißem Marmor und eisgekühlt. Der Masseur lässt sie auf duftendem Öl über den Rücken gleiten Anschließend, von der Ruheterrasse aus, schweift der Blick über die Landschaft. Muße, um den nächsten Tag zu planen. Wandern im nahen "Hornwald", dem Koàevski Rog, wo sich im Zweiten Weltkrieg Partisanen versteckten und heute Bären leben? Lieber Reiten? Oder Kajak fahren auf dem türkisfarbenen Wasser der Krka? Vielleicht doch erst einmal in Sloweniens einzigem Wasserschloss Ototec den Cvicek genießen? Dazu Carpaccio von Ente, Polentastreifen mit grünem Spargel oder Zander aus der Krka mit Steinpilzen aus dem benachbarten Wald.
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Auskunft:
Slowenisches Fremdenverkehrsamt,
Maximilianplatz 12a
80333 München
Tel.: 089/29161202,
Fax: 089/29161273
Internet:
www.slovenia.info
e-mail: slowenien.fva@t- online.de
Wandern:
Die Hälfte der Fläche in Slowenien ist bewaldet. In diesen Gebieten leben Braunbär, Wolf und Luchs. Wer dort wandern will, muss sich nach deren Lebensräumen erkundigen.
Preise:
In einem Gasthaus kann man ein gutes Hauptgericht samt Getränk für acht Euro bekommen. Gehobene Restaurants verlangen Preise um 15 Euro für ein Menü.
Sprache:
In den Touristengebieten und weit darüber hinaus wird Deutsch gesprochen. Jüngere bevorzugen Englisch.