Malediven

Kuramathi ist dicht mit Büschen und Kokospalmen bewaldet. Foto Kuramathi Maldives

Adios Robinson-Feeling

Ein halbes Jahrhundert Tourismus auf den Malediven

 

Text und Fotos: Heidrun Lange

 

       Zwei junge Malediver Mohamed Maniku und Ahmed Nassem und ein italienischer Tauchreiseveranstalter, George Corbin, läuteten mit 30 Hütten aus Korallen und Kokosblättern auf einer unbewohnten Insel vor einem halben Jahrhundert den Beginn der Tourismusindustrie des Landes ein.

Es war eher ein zufälliges Treffen in Sri Lankas Hauptstadt Colombo. Corbin suchte nach einer Insel mit unberührter Natur zum Tauchen und Schnorcheln für seine Landsleute. Auf der Landkarte sah er nichts weiter als ein Reihe von grünen Punkten im Indischen Ozean. Ahmed Naseem lud ihn ein, seine Heimat zu besuchen. Das tat Corbin auch. Während seines Aufenthaltes in Malé im Jahr 1971 versprach er, mit Gästen auf die Insel zurückzukehren.

 

        Täglich so gegen 16 Uhr hält ein Schiff auf der Insel Kurumba. Es ist kein Schiff mit Urlaubern, die auf dem Resort einige schöne Tage verbringen wollen. Es ist Mohamed, der aus seiner Heimatstadt Male kommt, und immer wieder nach dem Rechten schaut. Vor einem halben Jahrhundert gründeten er und seine Freunde das erste Resort auf den Malediven. Es  ist mein Leben“, sagt der 78 jährige. Stolz blickt aus seinen Augen, aber auch etwas Wehmut. Er zeigt auf eine Stelle am Strand: „Hier in der Nähe des jetzigen Stegs haben wir uns vor 50 Jahren zum Angeln getroffen und am Abend Fisch gegrillt. Hinter uns wiegten sich im Dschungel die Kokospalmen.“ Damals dauerte die Überfahrt von der fünfzehn Kilometer entfernten Hauptstadt mit dem Boot bei ruhigem Wind fast 40 Minuten. Doch Corbin war begeistert, als er mit den Beiden auf die Insel übersetzte. Türkisfarbenes Meer, muschelweiß der Sand, sowie eine fantastische Unterwasserwelt. Bunte Fische, Manta Rochen, Schildkröten und Haie schwammen zwischen Korallen. Er fotografierte viel und war sich sicher, dass ist eine Insel für Europäer, die dem Winter entfliehen wollen. Er gab Mohamed, dem damaligen Landwirtschaftsbeamten, den Rat, hier kleine Hütten zu bauen. Als der 28 jährige seine Pläne der Regierung vorstellte, reagierten die Behörden amüsiert. „Ein Resort für Feriengäste?“ Sie gaben dem Tourismus keine Chance, da die Infrastruktur fehlte. „Jeder dachte wir sind komplett verrückt“, erzählt der Gründer. „Unser Nachbar Sri Lanka hatte bereits Jumbo-Jets, die randvoll mit Touristen waren. Nach Thailand und die  Seychellen gab es Direktflüge Aber hier auf den Malediven hatten wir nichts.“ Es gab keine Banken, keine Telefone, außer Amateurfunk und Morsecode mit Colombo, wenige Autos, keinen richtigen Flughafen,  sondern nur eine Landebahn für kleine Flugzeuge. Die Häuser standen auf Sandstraßen und waren nur zwei Stockwerke hoch.

        Doch die jungen Burschen ließen sich nicht entmutigen und bewiesen das Gegenteil. Am 3. Oktober 1972 wurden die Gästehäuser eröffnet. Die Insel nannten sie Kurumba, in der Sprache der Einheimischen: Kokosnuss. Der Italiener kam mit Journalisten und Tauchern. Keiner stöhnte, als er aus dem Kahn ausstieg und knietief durchs Wasser waten musste, um zur Unterkunft zu kommen. Sie wollten die Unterwasserwelt kennenlernen. Und da war sie auch. Direkt vor ihren Füßen schwammen die bunten exotischen Fische. Beim Fischen sprangen sie vom Kahn ins Wasser und riefen begeistert. Was es hier zu sehen gibt: Korallen und Meerestiere von unglaublicher Farbenpracht und Schönheit. Riffhaie kreisten im kristallklaren Meer um ihr Boot. Jeden Morgen rieben sie sich die Augen, und fragten, ob diese Pracht der Natur, in Wahrheit nur  ein Traum gewesen sei.  Wieder zurück in der Heimat schwärmten sie vom Robinson-Feeling. Sie beschrieben die einfachen Hütten, die aus Korallen gebaut und mit Kokospalmenblättern bedeckt waren und aus den Duschen nur Brackwasser tröpfelte. Zum Lunch gab es  Reis mit Fisch. „Am Anfang“, sagt Mohamed, „wussten wir nicht, was wir für die Touristen kochen konnten. Ich hatte ein Rezeptbuch auf Englisch, das ich in unsere Heimatsprache Dhivehi übersetzte. „Ich war Koch, Gärtner und Zimmerjunge.“ Die Italiener schwärmten von dem neuen Reiseziel, dem wahren Paradiso. Ihr Besuch hatte Folgen. Die Touristen wollten sehen, wie das so ist auf einer einsamen Insel. Eine Übernachtung kostete damals 15 Dollar, und war ab Oktober 1972 immer ausgebucht. Kurumba wurde  schlagartig weltberühmt.

       Die Regierung wählte weitere Inseln aus, die für den Tourismus erschlossen werden sollten. 1981 wurde der Flughafen modernisiert, so dass Langstreckenflüge aus aller Welt landen konnten. Das war der Beginn der Tourismusindustrie, mit der jährlich über eine Million Besucher auf die Malediven strömen. Aus Kurumba Village ist längst ein Fünf Sterne Resort mit klimatisierten Villen geworden. Gibt es noch Reis und Fisch wie damals? Christoph Egli, Chefkoch aus der Schweiz, lacht. „Die fangfrischen, regionalen Fische kaufen wir wie früher auf dem Markt in Male ein.  Diese werden als traditionelle Gerichte mit Curry gewürzt und mit Pandanblättern verziert, was ihnen eine exotische Note verleiht.“ Aber nicht nur Fisch wird serviert. Heute können die Gäste aus den Angeboten von acht Restaurants wählen. Kräuter und Gewürze kommen aus dem Resort Garten. Alles andere muss jedoch eingeflogen werden, ein Problem, das alle Hotels auf den Malediven haben, besonders jene, die ihren Gästen internationale Küche bieten, egal ob indische oder thailändische Gerichte oder westliches Burger-Fastfood. Die Zeiten ändern sich, sogar im Paradies. Das Robinson-Feeling, fast allein auf einer Insel unter wiegenden Palmen und rauschendem Meer, geht langsam verloren. Mit den Ansprüchen der Gäste ist auch der Platzbedarf gestiegen. Das Resort Kuramathi im Nord Ari Atoll, ist eine der größten Ferieninsel der Malediven. Zwei Kilometer ist sie lang und gerade mal 400 Meter breit. Gästebungalows und Restaurants sind umringt von Palmen und 300 Jahre alte Banyanbäumen. Während einer Modernisierung wurden Villen auf Stelzen mitten im türkisblauen Meer errichtet.

       Seit 2000 hat Kuramathi ein inseleigenes Eco Center. Das Team von Fachleuten setzt sich für nachhaltige Projekte ein. Die Meeresbiologin studierte die Fischwelt und hilft, die Meeresbewohner und Korallenriffe rund um die Insel Kuramathi zu schützen. Sie geht mit den Gästen auf Schnorchelsafari oder unternimmt mit  ihnen Tauchkurse. Abgebrochene gesunde Korallen in den Riffen setzt die Meeresbiologin wieder ein. „Damit leisten wir einen kleinen Beitrag, um dem Korallensterben durch den Klimawandel etwas entgegenzusetzen“, sagt die Expertin. Im Traumurlaub Müll sammeln? Das wurde und wird gut angenommen. In Kooperation mit der sehr nahe gelegenen lokalen  Insel Rasdhoo organisiert die Meeresbiologin regelmäßig Clean Ups, also Aufräum- und Säuberungsarbeiten am Strand. Viele Säcke wurden mit Müll gefüllt, der teilweise über den Ozean von weit herkommt. Die Plastikflaschen werden mit dem Boot nach Malé gebracht und von der Umweltorganisation Parley, die sich auf den Schutz der Ozeane konzentriert, entgegengenommen und recycelt. Adidas nutzt das daraus gewonnene Garn um Schuhe oder Kleidungsstücke herzustellen.

       Ein halbes Jahrhundert Tourismus auf den Malediven. Ein bisschen wie auf einer Robinson Insel ist es manchmal doch. Dann wenn in der Ferne Delfine durchs Wasser gleiten, Haie bis fast zum Strand schwimmen, die Sonne hinter der Sandbank untergeht. Wer Wert auf ökologisches Reisen legt, hat mittlerweile eine breite Auswahl. Aber Hütten ohne Türen und Duschen, aus denen Brackwasser tröpfelt, gibt es nicht mehr.                                                      

 

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weitere Informationen:

Kurumba Maldives  www.kurumba.com

 

Kuramathi Maldives www.kuramathi.com

 

www.visitmaldives.com